Das Spielzeug der großen Jungs – und eine Attraktion auf Rügen: Der „Rasende Roland“

MIT VIDEOS!

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Der Rasende Roland in Putbus auf Rügen kurz vor der Abfahrt

„Ach ist das romantisch. So richtig schön nostalgisch“, sagt eine ältere Frau zu ihrem Mann, als der „Rasende Roland“ schnaufend den Putbuser Bahnhof Richtung Göhren verlässt. Die zwei Urlauber sind lustig drauf und kommen mit mir ins Gespräch. „Der fährt aber nur heute?“, fragt mich die Frau. Ich sage: „Nö, das ist ein ganz reguläres Verkehrsmittel und fährt jeden Tag“. Da haben sie gestaunt und konnten es nicht fassen. Klar, alles ist aus einer anderen Zeit. Von der Lok bis zu den Wagen. Zeit für mich, es mal zu erleben.

Blick aus dem Fenster der Lok auf den Zug
Blick aus dem Fenster der Lok des Rasenden Roland auf den Zug bei der Fahrt über Rügen

Auf einer Reise von Putbus nach Göhren und zurück. Und damit ich dann auch alles weiß – am Besten zuerst in der Lok. Nicht jeder weiß es, aber jeder kann es  auch erleben. „Führerstandsmitfahrt“ nennt sich das – sollte aber vorher angemeldet werden, weil nicht jede Lok Platz hat und eben auch nur einer wirklich rein passt.

Der erste Eindruck in der Lok ist schon spannend!
Der erste Eindruck in der nostalgischen Lok ist schon spannend! Der Rasende Roland schlechthin ist spannend

Also rein und los.

Schaffnerin Anke pfeift, Lars zeigt mir die Lok von innen: „Hier ist die Kohle, dort ist das Feuer, so einfach ist das“. Thomas gibt Dampf frei und schon setzt sich der Zug langsam in Bewegung. Kalt ist es nicht, aber eng. Ich spüre jeden Dampfstoß einzeln, auch die Bewegung der Pleuel überträgt sich auf die ganze Lok. Für Eisenbahntechnik-Freaks ist es ganz sicher das Highlight schlechthin. Für mich zählt eher das Gefühl. Eine zusätzliche Ausbildung zum Heizer und die anschließende Tätigkeit  vor ganz vielen Jahren hat mich gelehrt, mit Kesseln, Ventilen, Dampf, Feuer und Wasserständen umzugehen. Der einzige Unterschied: Dieser Kessel fährt auf einer Lok mit. Nicht schneller als 30 km/h, steht auf einem Schild. Das Dampfross sieht es gelassen und schnauft souverän durch Rügens einzigartige Landschaft.

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Der Rasende Roland braucht ständig Kohle. Denn ohne Dampf keine Leistung. Und bei einer historischen Dampflok muss es eben ein Feuer sein.
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Hübsches Feuerchen unter dem Kessel der Dampflok – der Rasende Roland und sein „Höllenschlund“.

Lars füttert den hungrigen Schlund in regelmäßigen Abständen mit Steinkohle.

Reichliche 10 Zentner schluckt der Kessel in einer Runde von Lauterbach bis Göhren und zurück. Die beiden halten Small-Talk – und die Messinstrumente im Auge. So geht es von Station zu Station bis nach Göhren.

An jedem Bahnhof, an jedem Bahnübergang stehen Menschen und fotografieren das antiquarische Gefährt voller Staunen und Begeisterung. In Göhren ist dann Endstation und die Ostsee nur noch 5 Minuten Fußweg entfernt.

Ich war dann mal MIT der „Kneipe“ auf Rügen unterwegs. DAS geht!

„Das ist ja wie in einer glücklichen Familie hier“, schwärmt eine junge Frau, als sie aussteigt. Klar, wenn die großen Jungs ihr Spielzeug haben, sind sie glücklich. Und freundlich sind sie alle. Ob vor der Werkstatt, wenn es was zu schrauben gibt oder während der Fahrt – oder auch am Bahnhof beim Umkoppeln der Lok: Alles ist entspannt, locker. Ein Spiel eben und nicht nur irgendein Job.

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Der Rasende Roland bei seiner Fahrt über die schöne Natur der Insel Rügen zwischen Putbus und Göhren

Eine Reise mit dem „Rasenden Roland“ ist natürlich etwas völlig anderes, als mit einem normalen Zug zu fahren. Diese Lok stammt aus dem Jahr 1953, die Wagen sind teilweise 80 – 90 Jahre alt und wurden in den 1970er / 1980er Jahren DDR-typisch modernisiert. Allerdings sind die Rahmen noch original. Gemächlich und gemütlich geht es zu. Hier ist die Ruhe zu Hause. Es gibt keine Lautsprecherdurchsagen im Zug – und auch nicht auf dem Bahnsteig. Damit niemand das Aussteigen verpasst, nimmt Anke die volle Kraft ihrer Stimme in Anspruch, wenn der Zug gehalten hat. In Göhren angekommen, gibt es doch eine Lautsprecherdurchsage, aber nur per Funk in der Lok. „Wollt ihr Kaffee?“ werden die Lokführer gefragt. „Ja, zwei mal bunt“ Also mit Milch und Zucker. Hier ist eine halbe Stunde Pause. Die Lokomotive muss umgekoppelt werden.

Die Rückfahrt genieße ich im Zug.

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Der Rasende Roland hat – wie in alten Zeiten – eine sehr spartanische Ausstattung.

Die spartanisch ausgestatteten Waggons erinnern an alte Zeiten. Mit Kohleöfen, die im Winter auch tatsächlich noch mit Braunkohle beheizt werden.

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Der Rasende Roland wird komplett mit Kohle beheizt. Auch die Waggons – haben extra einen Ofen, der mit Braunkohlebriketts beheizt wird.

Das Fahrgefühl ist anders als in der Lok. Die Vibrationen der Maschine sind nicht zu spüren. Aber das vertraute, fast schon vergessene  Poltern auf den Gleisen ist deutlich zu hören und der Steinkohlequalm der Lok deutlich zu riechen. Besonders im „Cabrio-Waggon“ in dem die meisten Menschen sitzen um ungehinderte Aussicht in die Landschaft zu genießen – und natürlich zu fotografieren wie die Weltmeister.

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Der Rasende Roland hat auch einen Cabrio-Waggon. Da wird die Fahrt über die Insel Rügen zwischen Göhren und Putbus zum echten Vergnügen.

An den Haltestationen hat Anke reichlich zu tun.  Fahrräder einladen, ausgeben, kurze Gespräche mit Fahrgästen und natürlich pfeifen und die nächste Station ausrufen.

Zurück in Putbus steige ich aus. Hier wird am hinteren Zugende eine Diesellok angekoppelt.

Auch hier packt Anke mit zu. Das ist notwendig, weil in Lauterbach die Dampflok nicht umgekoppelt werden kann. Da zieht dann die Diesellok den Zug bis Putbus zurück. Fahrgäste haben hier wieder reichlich Zeit, die Seele baumeln zu lassen.

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Der blaue Kran im Hintergrund belädt in Putbus die Lok mit Kohle. Damit ist der Rasende Roland wieder startklar für die nächste Reise über die schöne Insel Rügen.

Die Dampflok fährt Kohle laden und dockt wieder am anderen Ende des Zuges an. Das dauert.

Fazit: Für Urlauber ist es eine Attraktion, das UNESCO-Biosphärenreservat Südost-Rügen mit dem Rasenden Roland zu erkunden. Gestresste und gehetzte Menschen, auch Einheimische sollten sich so eine Reise gönnen, vielleicht auch ein paar Stündchen in Göhren, oder Binz oder Sellin oder beim Jagdschloss Granitz… verweilen. Es sind ein paar Stunden zum Entschleunigen, zum Ausspannen – wirkungsvoll wie ein Kurzurlaub. Selbst die Zeit auf den verträumten Bahnhöfen ist wie Urlaub.

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Das hat sich wohl auch ein Ehepaar gedacht, die zusammen 100 Jahre alt sind und anlässlich dieses Ereignisses Freunde zu einer kleinen Zugfahrt eingeladen haben.

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Die kleine, auf Hochglanz polierte Lok wartet, dass es los geht… und wird auch heftig bestaunt und fotografiert.

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Dieser Party-Sonderzug fährt zwar nicht nach Pankow, aber die Landschaft der Insel Rügen ist sowieso viel schöner. Und der Rasende Roland muss auch nicht nach Pankow fahren.

Sagt doch einer der Partygäste: „Von so einem Spielzeug hab ich als Kind immer geträumt“. Tja, aber kleine Jungs sollten doch lieber mit kleinen Spielzeugen spielen und den Spaß mit den großen Spielzeugen den großen Jungs überlassen.

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Der Rasende Roland zieht immer wieder neugierige Blicke auf sich.

Eins weiß ich aber schon: Ich gönne mir noch so eine Reise – wenn mal wieder richtig Schnee liegen sollte. Und dann am warmen Ofen in so einem Waggon…. die zugeschneite Insel…Ja, das mach ich!

Den aktuellen Fahrplan und alle wichtigen Informationen finde ich ja auf:

http://www.ruegensche-baederbahn.de

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Fotos / Videos: © Marius Jaster

Und hier noch einige Impressionen:

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Die originalgetreue Diesellok wird zum rangieren genutzt, aber ergänzt den Rasenden Roland auch zwischen Putbus und Lauterbach
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Der Rasende Roland im Doppelpack: Treffpunkt zweier Züge in Binz LB auf Rügen

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Der Rasende Roland bei der Fahrt durch die einzigartigen Landschaften und Wälder der Insel Rügen

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Der Rasende Roland ist bei der Fahrt über die Insel Rügen auch eine fahrende Aussichtsplattform
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Der Rasende Roland – vor allem die Lok – ist wie ein technisches Museum. Lars konzentriert bei der Arbeit

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Der Führerstand der Lok
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Diese Steinkohle wird in die gegenüberliegende Luke geschaufelt, wo das Feuer Dampf macht

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Fotos / Videos: © Marius Jaster

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Autor: Marius Jaster

Aus Liebe zur Natur, besonders aber zum Meer und zu den Landschaften, die von Wind und Meer geprägt sind, bin ich seit einigen Jahren als Ostseereporter unterwegs gewesen. Jetzt treibt mich als Inselreporter die Sehnsucht bevorzugt auf die Inseln, die ich mag. Und zwar nicht nur die der Ostsee. Ich arbeite als Freier Publizist und publiziere in verschiedenen Medien durch Texte, Bilder, Filme, sowie durch eigene Bücher.

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