Neulich auf Rügen: Das ist Lohme – bis heute oben Ohne!

Zum Glück ist über Lohme der Stab noch nicht gebrochen. Hofft Rügen. Noch ist es in der Kategorie „Sehenswerte Inselorte“ zu finden. Die Betonung liegt auf: NOCH! Bald schon ist es Ortsteil von Sylt!

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Verträumte Straßen führen in den Ort Lohme

Warum? Na ganz einfach: Bis jetzt ist Lohme ein altes Fischerdorf mit eigenem Flair im Nationalpark Jasmund auf Rügen. Noch! Denn wie die Geschichte zeigt, ändert sich auch gern mal etwas.

Der Gletscherstrom der letzten Eiszeit, durch die ja die Ostsee als „Restpfütze“ (oder sachlich richtig als Brackwasser) entstanden ist, schürfte an der Steilküste Rügens entlang und formte die Landschaft so, wie sie ist. Allerdings lagerte er auch Geschiebemergel ab, der bis heute zu Hanginstabilitäten führt.

Ganz im Ursprung lag die Ostsee etwa 20 Meter unter dem Meeresspiegel und stieg vor 8000 bis 6000 Jahren auf den heutigen Stand an. Die meist starke Brandung sorgte für eine heftige Küstenerosion und damit für den heutigen Steinstrand.

Funde von Großsteingräbern, hauptsächlich bei Nipmerow, zeugen von einer Besiedelung während der Jungsteinzeit vor 5500 Jahren. Ebenso weisen sie auf menschliches Leben während der Bronzezeit (1800 – 600 v. Chr.) hin.

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Von der Natur geformter Steinstrand in Lohme lässt noch Romantik zu

Weitere Spuren sind erst wieder aus der Zeit der slawischen Besiedelung ab 800 n. Chr. zu finden.

Der Name Lohme leitet sich vom altslawischen Lomú ab und bedeutet „Bruch, Windbruch Steinbruch“

„DAHEIM“ & „HARMONIE“ – Ruhe und Entspannung pur – bei einem Urlaub in Lohme

Seit 1188 stand die Gegend unter dänischer Lehnsherrschaft und wurde 1300 Teil des Fürstentums Rügen. Anschließend gehörte es zum Herzogtum Pommern, ab 1648 zu Schwedisch-Pommern, ab 1815 als Teil von Neuvorpommern zur preußischen Provinz Pommern und von 1818 bis 4. November 2011 zum Landkreis Rügen. Außer in der DDR-Zeit. Da gehörte es im Bezirk Rostock zum Kreis Bergen. Seit 1990 dann zum Land Mecklenburg Vorpommern und in diesem Bundesland nun seit der letzten Kreisreform zum Landkreis Vorpommern-Rügen.

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Bürgermeister contra Einwohner, Rügenliebhaber und Inselbewohner

In naher Zukunft wird Lohme wohl bald zu Sylt gehören. Zumindest, wenn es nach dem amtierenden Bürgermeister geht. Getreu dem Motto: „Was die Dänen einst konnten, können wir schon lange“ und nimmt dabei keinerlei Rücksicht auf die Struktur der Landschaft, auf die einzigartige Natur und auf die Einwohner von Lohme schon gar nicht. Warum auch? Geschäft geht vor!

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BeTTonkopf, Hotelbesitzer und Bürgermeister von Lohme: Matthias Ogilvie

Das kann natürlich auch nur von einem zugewanderten Rheinländer kommen. Selbst im Fernsehen sagte er „Wir müssen in erster Linie Strukturen schaffen wie auf Sylt, mit Wellness…“ Und JA, er trifft damit ins Herz all derer, die Rügen lieben – wegen der einzigartigen Natur, der Ruhe, der Wildheit… Rügen eben, wie es ist. Weil es anders ist.

„Wir brauchen keinen Pool vor dem Hotel, wenn die Ostsee da ist und auch keine hochkarätigen Wellness-Tempel mehr. Und auch keine Schickimicky-Paläste. Wenn wir Sylt erleben wollen, fahren wir eben dort hin. Und jeder andere Mensch, der DAS sucht, kann das auch tun.“

So ist die Meinung der Einheimischen und auch die der Touristen. Die ersten Urlauber streichen Rügen inzwischen schon auf der Liste der Reiseziele. Nicht allein wegen Lohme, sondern wegen dem allgemeinen Bauwahn. Es ist nun mal so: Rügen ist voll. Es reicht! Mit Arbeitsplätzen dieser Art, die da entstehen sollen, braucht sich Bürgermeister Ogilvie auch nicht heraus reden. Die guten Köche, Servicemitarbeiter und Butler für die Touristen sind jetzt schon Mangelware in jeder Saison, Reinigungskräfte ebenso – alles ist am Limit! Kurz vor dem Infarkt!

Binz hat verstanden. Der „Hitlerbalken“ in Prora ist genug! Ein geplanter „Wohnturm“ als Ausgleich (106 Meter hoch) war nicht erwünscht. Eine Volksabstimmung fand statt und siehe da: Über 80 Prozent der Binzer Bürger stimmten GEGEN diesen Turm – und da gibt es ihn nicht.

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Noch ist Lohme ein beschaulicher Ort

Wenn es nun nach Matthias Ogilvie, dem Bürgermeister von Lohme geht, gibt es dort vorsichtshalber keinen Bürgerentscheid.

Zweimal bereits haben die Gemeindevertreter den Antrag für einen Bürgerentscheid einfach von der Tagesordnung gestrichen, also gar nicht behandelt.

Die Antragsteller laufen Sturm – haben den Landrat und den Innenminister eingeschaltet. Ogilvie sieht es gelassen. „Wir haben das Bürgerbegehren bisher immer abgelehnt, aber wohl einen formellen Fehler gemacht“, sagt er zur Ostseezeitung und fügt an: „Es hätte auf der Tagesordnung bleiben müssen, und dann der Beschluss gefasst werden müssen, dass wir das Bürgerbegehren ablehnen.“ Also machen die das HEUTE, am 13. Dezember genau so. Dieser Beschluss steht dann zwar im Widerspruch zur Auffassung der Rechtsexperten im Amt Nord-Rügen, die das Bürgerbegehren für zulässig halten, aber das interessiert die „Zweit-Sylt-Erbauer“ wohl nicht sonderlich. Es bleibt also spannend – und die Frage, ob das Volk im eigenen Land gar nichts mehr zu sagen hat. Und natürlich die Frage, was da für Machenschaften im Hintergrund laufen!

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„Lohme wird in Gutsherrenart regiert“, meint eine Vielzahl der Bürger.

Da scheint sogar die Natur aufzuschreien, wie dieser Baum am Lohmer Ufer.

 

 

 

Worum geht es nun genau – und was ist Lohme eigentlich? Das ist kurz erklärt: Seit 1884 zählt Lohme zu den Kur- und Badeorten, die sich seither entwickelten. Nicht zuletzt wegen dem herrlichen Blick auf das Kap Arkona. Im Februar 1900 strandete der Postdampfer „Rex“ der Königslinie auf dem Weg von Trelleborg nach Sassnitz vor Blandow bei Lohme. 5 Frauen starben, drei Tage später zerbrach der Dampfer.

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Foto stammt aus einer privaten Sammlung, Autor unbekannt, Quelle: Wikipedia

Als Wahrzeichen gelten vier Sendemasten der ehemaligen Küstenfunkstelle „Rügen-Radio“ (1932 – 1998). Der Fischerhafen wurde zu einem Yachthafen mit 53 Liegeplätzen ausgebaut.

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Das Wahrzeichen von Lohme: Die vier Sendemasten vom „Rügen-Radio“. Nächstes Jahr sollen sie abgebaut werden.

2005 erhielt Lohme allgemeine Aufmerksamkeit durch den großen Steilhangabbruch. 100 Meter lang und 200 Meter breit war der Rutsch, bei dem 100.000 qm Erdreich direkt neben den Hafen rutschten. Das gerade erst sanierte Diakoniehaus wurde gesperrt und abgerissen. Der Hang entwässert.

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Der Hafen von Lohme mit dem abgerutschten Steilhang sorgte bundesweit für Aufsehen

1968, da hat mein liebster Schatz gerade in die Windeln gemacht, da stand ich wie Moses am Steinstrand von Lohme (Titelbild) und es ist mir nicht gelungen, das Meer zu teilen. Okay, da kommt ein Bürgermeister und schafft das auch nicht, also teilt er eben das Land über dem Meer.

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„Natur ist nicht der Anziehungspunkt“, meint der Bürgermeister von Lohme. „Gerade DAS aber macht Rügen so attraktiv und interessant und zieht uns her…“, sagen die Gäste

Auf der einen Seite sind ca. 450 Einwohner in einem – auch für Urlauber – beschaulichen Dorf. Auf der anderen Seite steht der zugereiste Bürgermeister, spricht davon, dass die Natur nicht Anziehungspunkt genug ist und will sie gleich platt machen. Da, wo einst das „Rügen-Radio“ war, soll eine riesige Medical-Spa-Anlage mit 500 Betten entstehen. 32 Fußballfelder groß! Es gibt noch nicht einmal ausreichend Zufahrtsstraßen für diese Art von Massentourismus, Parkplätze sind jetzt schon knapp – also muss auf jeden Fall jede Menge Beton und Asphalt her und Natur weg – ja das ist sie ja schon zum Teil: Ein Golfplatz muss ja auch sein und der erste öffentliche Hochuferwanderweg ist bereits gesperrt!

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Muss der Hafen dann auch vergrößert werden – für 250 Yachten? Hoffentlich schwimmen in Lohme nicht die Felle weg!

Heißt im Klartext: Das ist Lohme – bis heute oben OHNE … Unfug. Der kommt erst dann, wenn das alles wirklich gebaut wird und das Wahnsinnskonzept nicht aufgeht. Weil die Naturliebhaber und Wanderer nicht mehr kommen. Und die Massentouristen und SPA-Liebhaber brauchen doch auch einen Sandstrand zum faul rumliegen – und der ist in Binz. Und der andere Kram gleich zur Genüge mit dazu … oder auf Sylt.

Auf Rügen will es keiner. Bleiben wir gespannt… und natürlich dran!

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Kein Mensch glaubt daran, dass der Gemeindeverwaltung noch ein Licht aufgeht. Die anderen sind aber mehr und genug…

8153 Menschen haben unterschrieben (Stand 13. Dezember 2016), dass sie dieses Wahnsinnsprojekt nicht haben wollen. Die Einwohner von Lohme, andere Rüganer und natürlich Touristen. „Mehr als die Einwohner von Lohme interessiert mich sowieso nicht“, meint der Bürgermeister. Aha.

Bleibt nur, ihm jeden Stein in den Weg zu legen, den es gibt – bis der Investor Angst bekommt um sein Geld. Beim geplanten Steinkohlekraftwerk in Lubmin hat es ja auch funktioniert…

Am Besten, wir fangen mit diesem an:

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Der Schwanstein an der Küste in Lohme. Der fünftgrößte Findling von Rügen. 165 Tonnen schwer, 60 qm groß. Es ist der Bornholmer Hammergranit, den die Eiszeit mal eben hier rüber geschoben hat.

Postscriptum: Tatsächlich hat der Gemeinderat das Bürgerbegehren abgelehnt. Es wird angefochten werden.

Fotos: © Marius Jaster  / Privat (1)

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Autor: Marius Jaster

Aus Liebe zur Natur, besonders aber zum Meer und zu den Landschaften, die von Wind und Meer geprägt sind, bin ich seit einigen Jahren als Ostseereporter unterwegs gewesen. Jetzt treibt mich als Inselreporter die Sehnsucht bevorzugt auf die Inseln, die ich mag. Und zwar nicht nur die der Ostsee. Ich arbeite als Freier Publizist und publiziere in verschiedenen Medien durch Texte, Bilder, Filme, sowie durch eigene Bücher.

8 Gedanken zu „Neulich auf Rügen: Das ist Lohme – bis heute oben Ohne!“

  1. Der Oberhammer! Ich komme jedes Jahr aus dem Badischen nach Rügen, um meinen Urlaub zu genießen. Meist habe ich in Sassnitz Quartier und komme oft auch nach Lohme, gerade weil hier noch kein Massentourismus Einzug gehalten hat, weil man hier noch Ruhe findet!
    Und dann kommt so ein Schicki-Micki-Typ und will das alles ändern! Warum habt ihr den überhaupt gewählt? Und wie lange geht seine Amtszeit noch? Kann man den nicht abwählen?
    Und ist der Gemeinderat auch für das Projekt? Dann wählt auch den ab!
    Ich hoffe, ihr lasst keine Möglichkeit ungenutzt, diese Wahnsinnsprojekt zu verhindern.
    Ich möchte nämlich auch weiterhin das kleine Dorf am Meer besuchen, ruhig und beschaulich, so wie es ist!

    1. Na das ist doch mal ne klare Ansage, lieber Jürgen! DANKE! Erste Frage: „Warum habt ihr den gewählt?“ Keine Ahnung. Das waren die Bürger in Lohme und mir stellt sich diese Frage auch seit langem. Der Gemeinderat, das ist mit dem Bürgermeister EINE Machenschaft. Kannste nix machen. Und wie lange das noch geht bis zur nächsten Wahl… und danach: keine Ahnung! Eigentlich müsste man dieses ganze überflüssige Gepäck von der Klppe stoßen und gut wärs. Aber wie sagt mein alter Freund: „Schießen darfste nicht, schlagen auch nicht…“ Gut. Schauen wir mal, was sich mit Worten und Bildern bewegen lässt. Immerhin: Das 2009 geplante GRÖSSTE Steinkohlekraftwerk Europas, dass in Lubmin gebaut werden sollte – damit Kohle aus Australien dort verheizt wird, und die aus China, um den Strom nach Russland und Polen und… zu verkaufen … DAS haben wir schon mal geschafft! Das Wichtigste. Und der Rest-Kram ist da Pinatz. Mal gucken, was geht! Danke, Jürgen für Deine Nachricht!

  2. Lohme ist so schön und so soll es auch bleiben. Wir machen schon viele Jahre Urlaub in Lohme. Auch bin ich in Lohme aufgewachsen schon aus diesem Grund sind wir jedes Jahr dort. Und das nicht nur einmal im Jahr. Wir lieben die Ruhe, die Natur und das romantische von Lohme und hoffen das dieses Projekt nie zum Tragen kommt. Die sollen die Hände von diesem wundervollen Paradies lassen.

  3. Denkt auch mal jemand daran das die Straßen für so ein Riesen Projekt viel zu klein sind nach Lohme das heißt Alleen müssen gerodet werden das ehemalige Kinderheim verfällt da wird sich nicht drum gekümmert und ist bestimmt auch nicht ansehnlich für Touristen die über Winter wahrscheinlich ausbleiben werden wie in Neddesitz auch aber das scheint niemanden zu stören Hauptsache das Geld fließt oder in dem Falle auch nicht

  4. Mit ‚Bauchgrummeln‘ schaue ich auf meine liebste Insel und befürchte genau das, was der Beitrag umfasst. Ich bin seit vielen Jahren Inselliebhaber und -Besucher. Ich kenne als Nicht-Insulaner trotzdem all die wunderschönen Ecken und auch noch Rügens Gesicht z.B. VOR der Restauration und Erweiterung des Binzer Kurhauses, der „20.ten“ neu gebauten Reihe, die kleine (längst abgerissene) Hornfischbar in Lauterbach, einen riesigen fast einsamen Nordstrand im Norden der Insel (mittlerweile vom Massentourismus entdeckt und mit Parkplatz und Parkuhr versehen)‘ – entdeckt bei einer der vielen Radtouren, die geschlossenen Lokalitäten am Ende der Saison, die wunderschöne Natur, viele einsame und schöne Plätze und so vieles mehr..
    Ich liebe vor allem die wunderbare und vielseitige Natur der Insel und hoffe, dass die Einheimischen es schaffen, dem Bauwahn, der mittlerweile um sich greift, Einhalt zu gebieten. Ich würde gern auch meine Unterschrift dafür geben!

  5. Kann man diesen zugereisten „Bürgermeister“ nicht abwählen? Eigentlich soll der doch im Interesse der Bürger handeln und nicht dagegen. Ich fahre seit meinem 3. Lebensjahr nach Ruegen (bin jetzt 57) und liebe die Natur der Insel ueber alles. Wozu noch mehr Bettenburgen. Die erwarteten Reichen fahren doch eh lieber nach Sylt oder noch weiter weg. Sollen sie. Lasst gefälligst die Haende von den letzten kleinen Paradiesen.

  6. Warum dieser Unsinn . Ich mache seit Jahren Urlaub in Lohme, gerade das jetzige Umfeld macht Lohme so reizvoll. Schießt diesen Bürgermeister ab.

    1. Dieses wunderbare Kleinod Lohme mit seiner Natur und seinem dörflichen Charme muss unbedingt so bleiben!!!
      Der engagierte Herr Ogilvie sollte lieber langsam in Rente gehen und seine Millionen nutzen, um wieder ein funktionierendes Altersheim aufzubauen sowie das Kinderheim reanimieren. Oder wenigstens ein Schullandheim mit Naturcharakter erschaffen.

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