Insel Rügen: Der „Pfad der Muse und Erkenntnis“ (1) – Lets go to the Goor!

Der neue Urwald direkt am Wasser ist ein riesiges Geschenk 

Denn es ist nicht viel übrig vom einst geplanten „sanften Tourismus“ auf der Insel Rügen. Dafür entfaltet der Massentourismus seine höchste Blüte. Erkennbar auch daran, dass die Kettensägen unentwegt im Einsatz sind.
Egal, ob Straßen verbreitert oder neu gebaut werden, oder die Bäume wegen Ferienhäusern weichen müssen, oder einfach nur, damit die Aussicht stimmt: Die Sägen knattern. 
Im Zuge der so genannten Verkehrssicherungspflicht müssen sogar im Nationalpark Jasmund rechts und links der Straße Unmengen von Bäumen weichen, damit sie der touristischen Masse nicht auf den Kopf fallen. Das also ist die Ausrede.
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Täglich verlassen Holztransporte die Insel. (Foto: Sabine Funke)
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Dieses Foto von Frank Kettwig spricht für sich. Hinter dem Uhu-Schild ist eigentlich alles verboten. Bäume abhauen offenbar nicht…
Die ehrwürdigen Buchen waren schon da, bevor das Automobil das Licht der Welt erblickte. Und dann haben sie alle Autos überlebt. Jetzt sind sie alt genug, dass sich das Holz bestens verkaufen lässt - und trotzdem viel zu jung zum Sterben. Gerade die Buchen hätten noch runde 100 und paar mehr Jahre vor sich!
 
Die Fratze des Massentourismus zeigt sich auch an akutem Personalmangel in allen touristischen Bereichen, an völlig verstopften Straßen und dem trotzdem ungebrochenen Bauwahn. Obwohl Rügen voll ist. Die ersten Naturliebhaber haben Rügen von ihrer Urlaubs-Ziel-Liste schon gestrichen...
Und mitten in diesem ganzen Getöse wächst ganz friedlich ein neuer Urwald: In der GOOR bei Putbus. Beschützt von der Michael-Succow-Stiftung.
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Ein Teilstück auf dem „Weg der Muße und Erkenntnis“ – direkt am Wasser

Die Goor gehört glücklicherweise zum Größten Teil der Michael-Succow-Stiftung und besteht überwiegend aus Buchen und Stieleichen. Der Begründer der Stiftung ist Professor Michael Succow.

Er erhielt 1997 den alternativen Nobelpreis der "Right Livelehood Award Foundation" in Stockholm. Das Preisgeld war sein Startkapital für die Gründung der Stiftung. Die Entwicklung und Förderung von Welterbegebieten, Nationalparks und Biosphärenreservaten auf nationaler und internationaler Ebene sind ebenso Ziele, wie der Schutz und die Entwicklung von Feuchtgebieten, insbesondere von Mooren und Sümpfen.

Anfang 2004 wurden dieser Stiftung 60 Hektar  der Goor übertragen – von insgesamt 80 Hektar. Jetzt darf hier wieder ein Urwald wachsen. Jede Form der forstwirtschaftlichen Nutzung ist ausgeschlossen. Alles bleibt sich hier selbst überlassen.

Umso mehr lohnt sich eine Wanderung auf dem ausgeschilderten „Pfad der Muße und Erkenntnis“, der 4,2 km lang ist und 2008 errichtet wurde.

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Auf diesem Schild – vor dem Badehaus Goor“ ist neben den anderen Wegen der „Pfad der Muße und Erkenntnis“ gelb eingezeichnet – mit den einzelnen Stationen.

Die Muße stellt sich mit dem Weg alleine ein. An 19 Stationen, die durch nummerierte Findlinge markiert sind, bleibt Zeit zum Innehalten, Lauschen, Spüren, Atmen. Und die Erkenntnis kommt am Schluss. Ja, am Schluss.

Übrigens: Für Rollstuhlfahrer und Menschen mit Rollator ist der "Pfad der Muße und Erkenntnis" freilich nichts. Und Radfahren ist verboten. Kinderwagen? Klar, wenn die Eltern ihn ab und zu tragen... Und sind natürlich willkommen.

Der Pfad der Muße führt nicht immer nur auf den Hauptwegen entlang! Es lohnt sich also, die Karte vorher ausgiebig zu studieren. Wenn nicht – oder wenn die Muße fehlt, landest Du eben, wie alle anderen, die es eilig haben, wahrscheinlich zuerst bei Stein # 4. Das ist wirklich nicht direkt schlimm, weil Du ja weiter laufen kannst, zurück gehen… es gibt da ganz viele Facetten, diesen Weg zu erkunden und die Muße mit der abschließenden Erkenntnis zu finden.

Dabei - wie gesagt führt dieser PFAD auch jenseits der Hauptwege direkt durch den Wald und will entsprechend gefunden werden - ertappen sich sogar Putbusser, die hier geboren wurden selbst und sagen: "Hier bin ich noch nie gewesen". Putbusser, die schon ein rundes halbes Jahrhundert hier leben!
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Hier angekommen und keine anderen gefunden? Da hat dann wohl die Muße gefehlt – am Besten: Gleich noch einmal zurück!
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Das „Badehaus Goor“ in Lauterbach. Hinter diesem Hotel, Restaurant und tatsächlich auch BADE-Haus beginnt der Wanderpfad. Übrigens gibt es hier gegen eine Schutzgebühr auch eine wunderschöne Begleitbroschüre für den Weg. Mit ausführlichen Erklärungen. Im Wald gibt es sonst keine Erklärungen!

Station # 1 – Willkommen im Goor-Wald

Die Reise beginnt an einer Holzpfahlwand als 1. Station. Genau dort, wo die moderne Befestigung der Uferpromenade endet. Also HIER:

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Schöne Ausblicke auf die Insel Vilm am Anfang des Weges. Einst „Bonzeninsel“. Hier urlaubten Erich Honecker und Co. Heute wächst auch da Urwald und nur im Rahmen geführter Wanderungen ist ein Besuch möglich.

Willkommen im Goor-Wald, der mit Blick auf das Wasser direkt im Rücken liegt. Ein stimmungsvoller, einzigartiger Küstenwald.

Station # 2 – Ein Blick in die Geschichte

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Leider sinnlos beschmiert…

Und dann kommt links auch schon der zweite Stein. Auf ihm, wie auch auf allen anderen lässt es sich gut sitzen. Wenngleich oft (nicht immer) auch eine Bank in der Nähe steht, damit die Stimmungen und Ausblicke des Waldes optimal aufgenommen werden können. Momente zum Genießen – jenseits der Hast.

Sitzt Du gut? Dann kommst Du nicht umhin, Dich dem Holzpfahl zwischen Stein und Treppe zu widmen. Diese Pfähle weisen ein bisschen den Weg. Oben sind Pfeile aufgemalt – ja, wie gesagt, der Weg ist „ausgeschildert“, nur eben anders als üblich. In diesem Fall zeigt der Pfeil (und zufällig auch der Schatten) an: Treppe hoch!

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Unter der Treppe liegt die jüngste geologische Entstehungsgeschichte der Goor. Geschiebemergel – vor 12.000 Jahren von den abtauenden Gletschern hinterlassen, jetzt unter der Pflanzen- und Humusdecke verborgen. Genau wie auch Findlinge, von denen einige den Weg zieren.

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Auch aus dem Wald – auf dem Weg zu Stein # 3 gibt es bezaubernde Aussichten und stimmungsvolle Eindrücke

Je nach Tageszeit des Beginns der Wanderung, oder auch dessen Ende kannst Du traumhafte Eindrücke und Lichtspiele genießen.

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Also: Guten Weg! Wir sehen uns bei Stein # 3!   (Fortsetzung folgt)

Übrigens: Mit dem Wechsel der Jahreszeiten werden auch die Fotos in diesem Artikel noch ergänzt!

Fotos: © Marius Jaster

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Autor: Marius Jaster

Aus Liebe zur Natur, besonders aber zum Meer und zu den Landschaften, die von Wind und Meer geprägt sind, bin ich seit einigen Jahren als Ostseereporter unterwegs gewesen. Jetzt treibt mich als Inselreporter die Sehnsucht bevorzugt auf die Inseln, die ich mag. Und zwar nicht nur die der Ostsee. Ich arbeite als Freier Publizist und publiziere in verschiedenen Medien durch Texte, Bilder, Filme, sowie durch eigene Bücher.

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